Chronologie: Juni 2020 – März 2021

Juni 2020

Neuer Antrag der Wind-Firma auf Genehmigung eines „Windparks Gersweiler“. Der soll jetzt  zwei Windräder umfassen, leistungsstärker als die WEA aus dem 2016er Projekt und sehr viel größer, 229m und 246,6m hoch. Letzteres ist Rekord; das bis dato höchste Windrad in Deutschland, wahrscheinlich sogar international, erreicht nur 246,5m. Vereinfachtes Verfahren ohne Öffentlichkeitsbeteiligung, wie 2016.

Größenvergleich Windkraft Farbe

Juli 2020

Die Bezirksbürgermeisterin Isolde Ries (SPD) lädt zur Bürger-Informations-Veranstaltung ein. Unter Corona-Bedingungen, in der Klarenthaler Turnhalle, dem größten Raum im Ort. Dennoch erhalten wegen begrenzter Teilnehmerzahl nicht alle Interessierten Einlass; improvisierte Technik erschwert Information und Kommunikation. Der Saal kocht, auch wenn die  Wortbeiträge sachlich bleiben.

Bürgerprotest wird laut. Die BI konstituiert sich neu.

August 2020

Die BI schreibt einen Brief mit Einwänden gegen das Projekt ans LUA (=Genehmigungsbehörde), den nachrichtlich auch Kommunalpolitiker und Medien erhalten.

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Eine Unterschriftensammlung gegen das Vorhaben startet, zweisprachig; auf beiden Seiten der Grenze gehen Listen rund. Zusätzlich beginnt eine Online-Unterschriftensammlung.

Die Corona-Beschränkungen erschweren bürgerschaftliches Engagement enorm; Versammlungen sind untersagt, einschlägige Räume geschlossen. Immerhin, Zusammenkünfte unter freiem Himmel sind möglich – an einem Waldspaziergang zu den geplanten Windrad-Standorten, organisiert von der Klarenthaler CDU, beteiligen sich zahlreiche BürgerInnen.

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Waldspaziergang zu den geplanten Windrad-Standorten, initiiert von der CDU Klarenthal - 15.08.2020, © Heiko Lehmann

Es wird deutlich: Für den Windrad-Bau müsste Altholzbestand fallen, mindestens 130 Jahre alt. Weitere Waldspaziergänge mit Maßband in der Tasche zeigen, dass viele der Bäume an den geplanten Windrad-Standorten sogar über 200 Jahre alt und zudem Biotopbäume sind.

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Baum-Vermessung am geplanten Standort der WEA 01 - diese Buche (es ist nicht die mächtigste des Bestandes!)
hat in gut 1m Höhe einen Stammumfang von 250 cm, sie ist nach der "Mitchell-Formel" also 200 Jahre alt.

September 2020

Die Préfecture in Metz, wegen Grenznähe des Projekts um Stellungnahme gebeten, hat Ende August das (ansonsten nichtöffentliche) Antragsdossier online gestellt. Das BI-Team analysiert. Ergebnis: Wichtige Angaben fehlen, so etwa Geländeschnitte mit Höhenangaben, Konzept zur Oberflächenentwässerung, Baugrunduntersuchung, Typenprüfung für das 246,6m-Windrad. Die Natur-Gutachten sind von fragwürdiger Qualität, teils lücken-, teils grob fehlerhaft.

Die BI schreibt einen zweiten Einwand-Brief ans LUA, ergänzt um eigene Planzeichnungen.

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Brief Nr. 2 geht wie sein Vorgänger auch an die Mitglieder des Saarbrücker Stadtrats. Die BI überreicht dem Saarbrücker Oberbürgermeister Uwe Conradt (CDU) zudem gut 2.200 Unterschriften gegen das Vorhaben, die fast alle aus der direkten deutsch-französischen Nachbarschaft stammen; bis Monatsende wächst die Unterschriftenzahl trotz Corona-Restriktionen auf mehr als 2.500.  

Am 15.09.21 gibt der Stadtrat dennoch grünes Licht für das Wind-Projekt, mit knapper Mehrheit (die Grünen im Rat hatten – ohne Sach- und Ortskenntnis – die Windräder zur Jamaika-Koalitionsfrage gemacht). Das so hergestellte „gemeindliche Einvernehmen“, wiewohl politisches Signal, hat freilich keine rechtliche Bedeutung für die Genehmigungs-Entscheidung.

Gespräche, Gespräche: BI-Mitglieder sind in der Bürgersprechstunde des Ministerpräsidenten Tobias Hans (CDU), um die Problematik des Windkraft-Vorhabens und die Bürger-Einwände gegen das Projekt zu schildern. Ein paar Tage darauf gibt es einen Termin mit Helga May-Didion, Leiterin der Abteilung Naturschutz und Forsten im Umweltministerium. Hans ist gut vorbereitet, hat die Einwand-Briefe der BI und weitere Unterlagen nicht nur auf dem Tisch, sondern auch gelesen. May-Didion nimmt sich zwei Stunden Zeit. Hier wie dort: keine Zusagen, Hinweis auf laufendes Verfahren. Doch immerhin aufmerksames, interessiertes Zuhören.

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Ministerpräsident Tobias Hans – BI-Mitglieder Christoph Braun, Jürgen Hettrich und Frank Stegner (von links)

Oktober 2020

Die BI hat entdeckt, dass das Planungsgebiet Lebensraum für Uhus ist. Es gibt eine Reihe von Beobachtungen, teilweise durch Audio-Aufnahmen belegt. Französische Naturschützer bestätigen und ergänzen die Beobachtungen. BI-Mitteilung ans LUA.

November 2020

Weitere Uhu-Beobachtungen. Die französischen Naturschützer schreiben wg. Uhu besorgt ans LUA. Sie erhalten Antwort, aus der hervorgeht, dass das LUA eine Brutplatzkartierung veranlassen werde.

Dezember 2020

BI-Anfrage nach SUIG (Saarländisches Umwelt-Informationsgesetz): Wie ist der Sachstand? Das LUA antwortet am 23.12.20 mit einer Liste der Unterlagen, die zusätzlich vom Projektierer angefordert wurden, darunter einige erneuerte Gutachten. Zum Uhu gibt es statt einer Brutplatzkartierung nur eine Habitatpotenzialanalyse.

Die Umweltministerkonferenz (UMK) beschließt auf einer Sonderkonferenz einen „Signifikanzrahmen“ zu Vogelschutzfragen bei Wind-Vorhaben. Ziel sei, so heißt es, Wind-Genehmigungsverfahren bundesweit zu vereinheitlichen und zu vereinfachen. Im Ergebnis senkt der UMK-Beschluss aber die Artenschutz-Standards im Windkraft-Kontext stark ab. Die Vogelschutzwarten, bei denen die profundesten und aktuellsten wissenschaftlichen Kenntnisse über Vögel und ihr Verhalten gesammelt sind, hatte man nicht eingebunden, nicht mal gefragt. Das bisher maßgebliche „Helgoländer Papier“ hingegen hatten die Länderarbeitsgemeinschaften der Vogelschutzwarten vorgelegt (2015). Es hat formal nur Empfehlungscharakter, faktisch aber enormes Gewicht, weil Gerichte sich regelmäßig darauf stützen.

Januar 2021

Weitere Uhu-Beobachtungen.

Der Hessische Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Kassel entscheidet in einem Eilverfahren gegen eine Windpark-Genehmigung, zugunsten des Naturschutzes. Die RichterInnen beziehen dabei indirekt energisch  Stellung gegen den UMK-Beschluss. Für Gerichte, so argumentieren sie, seien einzig Gesetze maßgeblich, Erlasse, Minister-Beschlüsse und Ähnliches als „untergesetzliche“ Regeln hingegen nicht. Dabei sei stets vom fachlich besten Wissensstand auszugehen. Und der werde unter anderem vom „Helgoländer Papier“ repräsentiert.

Februar 2021

Weitere Uhu-Beobachtungen.

Noch ein BI-Brief ans LUA.

WS 06a Einwand Brief 1 2020 08 09

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März 2021

BI-Antrag auf Akteneinsicht in nachgelieferte Gutachten wird vom LUA abgelehnt, mit Hinweis darauf, dass für diese Unterlagen der Schutz des Urheberrechts (!) gelte.

Der Europäische Gerichtshof (EuGh) fällt ein Grundsatzurteil im Spannungsfeld von Windenergie und Artenschutz – für den Artenschutz. Es genüge den europäischen Gesetzen nicht, erklären die RichterInnen, wenn man eine Tierart nur als abstraktes Ganzes in ihrem Bestand schütze, dabei jedoch die Tötung von Exemplaren dieser Art zulasse oder in Kauf nehme. EU-Artenschutz bedeute vielmehr, dass jedes einzelne Individuum einer geschützten Art strengen Schutz genieße.

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