Vorgeschichte
2011
Das Saarland ändert planungsrechtliche Zuständigkeiten: Den Ausbau der Windkraft zu steuern, ist nicht mehr Angelegenheit des Landes, sondern der Kommunen. Sie können Vorranggebiete für Windenergie ausweisen. Dort sind Windräder dann „privilegiert“, überall sonst in der Kommune aber unzulässig. Das Werkzeug dazu: ein Flächennutzungsplan (FNP). Der ist im Großraum Saarbrücken Sache des Regionalverbandes (RGV). Dabei muss – unter anderem – geprüft werden: Wo im Hügelland weht überhaupt genug Wind? Wo im dicht besiedelten Ballungsraum, in dem es einen Flughafen gibt und reichlich frühere Bergbau-Stätten, kann man Windräder bauen, ohne Gefahren heraufzubeschwören? Wo, andererseits, verbietet sich industrielle Wind-Nutzung aus Gründen des Natur- und Landschaftsschutzes? Die Plan-Macher sind gründlich, die hochkomplizierte Arbeit dauert.
2014
Der erste Plan-Entwurf ist fertig. Eins der Vorranggebiete: „Birkendell/ Stiftswald“, zwei Teilflächen im Krughütter Wald (Teil des Stiftswaldes St. Arnual, Eigentümer: Evangelisches Stift St. Arnual), auf Gersweiler Bann, an der französischen Grenze. Der „Gebietssteckbrief“ enthält grobe Fehler (falsche Wald-Beschreibung, große Lücken bei der Auflistung geschützter Tierarten). Merkt aber niemand.
2015
Die politischen Gremien des RGV verändern den Entwurf: Der „Vorsorgeabstand“ von Windrädern zu geschlossener Bebauung steigt von 650 auf 800 Meter. Dadurch fallen einige Wind-Vorranggebiete weg. Andere schrumpfen, auch das im Krughütter Wald. Die Fehler im Plan bleiben. Merkt wieder niemand.
Frühjahr 2016
Der FNP wird vom Land genehmigt und tritt im April in Kraft.
Herbst 2016
Die Firma Dunoair beantragt Errichtung und Betrieb dreier Windenergieanlagen (WEA), jeweils 207 Meter hoch, im Krughütter Wald. (Der Antrag ist einer von vielen, die zu dieser Zeit bei der saarländischen Genehmigungsbehörde eingehen, und alle Antragsteller haben es eilig – Hintergrund: Nur für WEA, die bis Ende 2016 genehmigt und bis Ende 2018 in Betrieb sind, gelten die bisherigen großzügigen Strom-Einspeisevergütungen; WEA, die erst ab 2017 genehmigt werden, sind für die Betreiber weniger lukrativ).
Eine Info-Veranstaltung im Oktober macht für die BürgerInnen klar, wie tief das Vorhaben eingreifen würde in ihr Wohnumfeld und in den Wald, den sie als Erholungsgebiet nutzen und lieben. Der Protest ist laut und einhellig. Die Bürgerinitiative Klarenthal-Gersweiler formiert sich, lädt zu Bürgerversammlungen ein, trägt Argumente gegen das Projekt zusammen, sammelt Unterschriften dagegen.
Januar 2017
Der Saarbrücker Stadtrat lehnt das Wind-Projekt ab. Er schließt sich damit dem Urteil an, das Fachleute der Stadtverwaltung in der Sitzungsvorlage formuliert haben: Das Vorhaben sei nicht genehmigungsfähig, da mit massiven Rotorüberschlägen geplant („Rotorüberschlag“ heißt, dass die Rotoren der Windräder auch Flächen jenseits der Vorranggebiets-Grenzen überstreichen).
Das Landesamt für Umwelt und Arbeitsschutz (LUA) als Genehmigungsbehörde kommt bei seiner Prüfung ebenfalls zum Ergebnis, dass das Wind-Projekt nicht genehmigungsfähig ist. Erstens wegen der Rotorüberschläge. Zweitens, weil eines der Windräder zu nah am Nahrungshabitat der Fledermäuse stehen soll.
Mai 2017
Die Wind-Firma zieht ihren chancenlosen Antrag zurück.
September 2017
Die Landespolitik reagiert auf die überall im Saarland heftigen Bürgerproteste gegen Wind-Projekte: Der Landtag ändert das Landeswaldgesetz. „Historisch alter Wald“ (=an Standorten, die seit mindestens 1817 bewaldet sind) ist nun laut § 8 geschützt, darf in der Regel nicht für den Bau von WEA gerodet werden. Das gilt allerdings nur für Staatswald, nicht für Kommunal- oder Privatwälder – eben dieser Punkt wird später für den Krughütter Wald eine Rolle spielen.